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Flüchtlinge wehren sich:
 
FLÜCHTLINGSRAT  BERLIN
Gustav W. Heinemann Bürgerpreis 1989 Fennstraße 31
 12439 Berlin
 Telefon: (030) 6317873
  Fax: (030) 6361198
Berlin, 11.08.1999
Pressemitteilung

"Wir sind Menschen 
und wir wollen wie Menschen behandelt werden !"

Flüchtlinge wehren sich:
Kundgebung gegen menschenverachtende Behandlung

Am Freitag, dem 13.08.1999, um 11 Uhr wird eine Protestkundgebung von Flüchtlingen vor der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, Oranienstraße 106, stattfinden. Vor der Verwaltung, die Berlin zum einzigen Bundesland macht, in dem das Asylbewerberleistungsgesetz in seiner ganzen Schärfe gegen die Flüchtlinge durchgesetzt wird. Verantwortlich ist die Senatorin Beate Hübner.
Immer mehr Menschen in Berlin sind von einer Politik betroffen, die darauf abzielt, Flüchtlinge durch Schikanen zur Ausreise zu bewegen. Teil dieser Politik ist die Umstellung von bisher mindestens fünf Berliner Flüchtlingsheimen von Selbstversorgung auf Fremdverpflegung. Eine "Versorgung", die den Bedürfnissen der Betroffenen, insbesondere Kindern und Kranken, in keiner Weise gerecht wird. Abgesehen von der Qualität des Essens bedeutet die Fertigverpflegung eine Entmündigung und Isolierung der Flüchtlinge, die nicht mehr selbst einkaufen und kochen können. Sie bedeutet auch eine starke psychische Belastung für die vielfach durch Krieg, Flucht und Heimunterbringung traumatisierten Menschen. Heimbetreiber wie das DRK-Berlin erhalten für die Vollverpflegung mit 13,50 DM/Person/Tag fast das Doppelte von dem Betrag, den die Flüchtlinge vorher zur Selbstversorgung in bar erhalten haben.
Menschen, die in diesen Heimen leben, sind darüber hinaus häufig von Kürzung oder Streichung des als einzigen Barbetrag verbleibenden monatlichen Taschengelds (80 DM), von der Verweigerung von Beihilfen für Kleidung und der Verweigerung von Krankenscheinen betroffen. Den Flüchtlingen wird durch die "Voll"verpflegung und die Taschengeldstreichung jegliches Bargeld entzogen. Sie erhalten auch keine Fahrkarten und sind zum Fahren ohne Fahrschein gezwungen - auch bei den notwendigen Ämterbesuchen. Auf diese Art werden mit Hilfe des DRK Berlin, das drei dieser Heime unterhält, Substandards für eine menschenunwürdige Behandlung von Flüchtlingen etabliert. Allerdings gibt es noch weitergehende Maßnahmen: Manchen Flüchtlingen werden sogar sämtliche Leistungen, selbst Essen und Unterkunft, entzogen, sie werden von den Sozialämtern ausgehungert und obdachlos ausgesetzt! 
Den Flüchtlingen wird zur Begründung dieser Leistungseinschränkungen unterstellt, aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland gekommen zu sein - eine Behauptung, deren Absurdität gerade bei der größten betroffenen Gruppe, AlbanerInnen aus dem Kosovo, auf der Hand liegt, denn sie sind vor Krieg und Verfolgung geflohen. Offensichtlich sind Flüchtlinge hier nur auf den Fernsehschirmen erwünscht, um ihre Schicksale moralisch für Kriegszwecke zu nutzen. 
Der Protest der BewohnerInnen der drei DRK-Heime richtete sich zunächst gegen das DRK unter anderem mit einer Straßenblockade, Essensverweigerung und einem Besuch bei der DRK-Zentrale. Das DRK reagierte darauf einerseits mit Gesprächsangeboten, andererseits mit Repressalien gegen Flüchtlinge und Hausverboten gegen UnterstützerInnen.
Am Freitag soll der Protest zu den politisch Verantwortlichen getragen werden. Die Flüchtlinge werden auf ein Gespräch mit der Sozialsenatorin Beate Hübner dringen und ein sofortiges Ende des Sachleistungsprinzips fordern.

Nothilfe für Flüchtlinge: 
Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 100 205 00, Konto Nr. 311 68 03 ("Nothilfe")