Berlin, 11.08.1999
Pressemitteilung
"Wir sind Menschen
und wir wollen wie Menschen
behandelt werden !"
Flüchtlinge wehren sich:
Kundgebung gegen menschenverachtende
Behandlung
Am Freitag, dem 13.08.1999, um 11 Uhr wird
eine Protestkundgebung von Flüchtlingen vor der Senatsverwaltung für
Gesundheit und Soziales, Oranienstraße 106, stattfinden. Vor der
Verwaltung, die Berlin zum einzigen Bundesland macht, in dem das Asylbewerberleistungsgesetz
in seiner ganzen Schärfe gegen die Flüchtlinge durchgesetzt wird.
Verantwortlich ist die Senatorin Beate Hübner.
Immer mehr Menschen in Berlin sind von
einer Politik betroffen, die darauf abzielt, Flüchtlinge durch Schikanen
zur Ausreise zu bewegen. Teil dieser Politik ist die Umstellung von bisher
mindestens fünf Berliner Flüchtlingsheimen von Selbstversorgung
auf Fremdverpflegung. Eine "Versorgung", die den Bedürfnissen der
Betroffenen, insbesondere Kindern und Kranken, in keiner Weise gerecht
wird. Abgesehen von der Qualität des Essens bedeutet die Fertigverpflegung
eine Entmündigung und Isolierung der Flüchtlinge, die nicht mehr
selbst einkaufen und kochen können. Sie bedeutet auch eine starke
psychische Belastung für die vielfach durch Krieg, Flucht und Heimunterbringung
traumatisierten Menschen. Heimbetreiber wie das DRK-Berlin erhalten für
die Vollverpflegung mit 13,50 DM/Person/Tag fast das Doppelte von dem Betrag,
den die Flüchtlinge vorher zur Selbstversorgung in bar erhalten haben.
Menschen, die in diesen Heimen leben,
sind darüber hinaus häufig von Kürzung oder Streichung des
als einzigen Barbetrag verbleibenden monatlichen Taschengelds (80 DM),
von der Verweigerung von Beihilfen für Kleidung und der Verweigerung
von Krankenscheinen betroffen. Den Flüchtlingen wird durch die "Voll"verpflegung
und die Taschengeldstreichung jegliches Bargeld entzogen. Sie erhalten
auch keine Fahrkarten und sind zum Fahren ohne Fahrschein gezwungen - auch
bei den notwendigen Ämterbesuchen. Auf diese Art werden mit Hilfe
des DRK Berlin, das drei dieser Heime unterhält, Substandards für
eine menschenunwürdige Behandlung von Flüchtlingen etabliert.
Allerdings gibt es noch weitergehende Maßnahmen: Manchen Flüchtlingen
werden sogar sämtliche Leistungen, selbst Essen und Unterkunft, entzogen,
sie werden von den Sozialämtern ausgehungert und obdachlos ausgesetzt!
Den Flüchtlingen wird zur Begründung
dieser Leistungseinschränkungen unterstellt, aus wirtschaftlichen
Gründen nach Deutschland gekommen zu sein - eine Behauptung, deren
Absurdität gerade bei der größten betroffenen Gruppe, AlbanerInnen
aus dem Kosovo, auf der Hand liegt, denn sie sind vor Krieg und Verfolgung
geflohen. Offensichtlich sind Flüchtlinge hier nur auf den Fernsehschirmen
erwünscht, um ihre Schicksale moralisch für Kriegszwecke zu nutzen.
Der Protest der BewohnerInnen der drei
DRK-Heime richtete sich zunächst gegen das DRK unter anderem mit einer
Straßenblockade, Essensverweigerung und einem Besuch bei der DRK-Zentrale.
Das DRK reagierte darauf einerseits mit Gesprächsangeboten, andererseits
mit Repressalien gegen Flüchtlinge und Hausverboten gegen UnterstützerInnen.
Am Freitag soll der Protest zu den politisch
Verantwortlichen getragen werden. Die Flüchtlinge werden auf ein Gespräch
mit der Sozialsenatorin Beate Hübner dringen und ein sofortiges Ende
des Sachleistungsprinzips fordern.
Nothilfe für Flüchtlinge:
Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 100
205 00, Konto Nr. 311 68 03 ("Nothilfe")
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